Li­qui­di­tät – ge­ra­de wich­tig in Kri­sen­zei­ten

Glo­ba­le, re­gio­na­le und in­di­vi­du­el­le Kri­sen – Es geht meist um Ein­kom­mens­ein­bu­ßen oder au­ßer­plan­mä­ßi­ge Aus­ga­ben

Kri­sen­zei­ten, seien es glo­ba­le Krise wie die Co­vid-19 Pan­de­mie oder in­di­vi­du­el­le Kri­sen, zeich­nen sich da­durch aus, das zu­sätz­li­che Aus­ga­ben nötig wer­den oder Ein­kom­men weg­bricht und es so zu Li­qui­di­täts­eng­päs­sen kom­men kann. Bei der Co­vid-19 Pan­de­mie sind vor allem Ein­kom­mens­aus­fäl­le in den Fokus ge­rückt. Durch un­er­war­te­te Ar­beits­lo­sig­keit, mo­na­te­lan­ger Kurz­ar­beit oder aus­blei­ben­den Auf­trä­ge fie­len und fal­len un­ver­hofft ein­ge­plan­tes Ein­kom­mens­quel­len weg.

Der all­jähr­li­che iff-Über­schul­dungs­re­port[1] zeigt je­doch, dass auch au­ßer­halb der Co­vid-19 Krise, Ar­beits­lo­sig­keit und Ar­beits­zeit­re­du­zie­rung der Haupt­grund für eine Über­schul­dungs­si­tua­ti­on von Ver­brau­cher:innen ist. Da­ne­ben ge­hö­ren zu­sätz­li­che Aus­ga­ben bei Ein­kom­mens­ar­mut, bei Krank­heit oder bei Schei­dun­gen oder Tren­nun­gen zu den Haupt­grün­den für Über­schul­dungs­si­tua­tio­nen.  

Um nicht in die Über­schul­dungs­spi­ra­le ge­ra­ten, dür­fen Aus­ga­ben nicht wei­ter stei­gen

Wenn Geld bei glo­ba­len oder in­di­vi­du­el­len Kri­sen knapp(er) wird, kann das je nach fi­nan­zi­el­ler Aus­gangs­la­ge, gra­vie­ren­de Fol­gen haben. Wenn die zu­sätz­li­chen Kos­ten oder der Weg­fall von Ein­kom­mens­quel­len dazu füh­ren, dass lau­fen­de Rech­nun­gen nicht mehr ge­zahlt wer­den kön­nen, be­deu­tet das für die Be­trof­fe­nen, dass bei­spiels­wei­se durch Mah­nun­gen oder In­kas­so­rech­nun­gen zu­sätz­li­che Kos­ten auf­kom­men und die fi­nan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten ver­stär­ken kön­nen. Damit diese Spi­ra­le nicht in einer Über­schul­dungs­si­tua­ti­on endet, ist es wich­tig, dass Be­trof­fe­nen In­stru­men­te an der Hand haben, um kurz­fris­tig auf kri­sen­be­ding­te Li­qui­di­täts­eng­päs­se re­agie­ren zu kön­nen, indem

  1. kurz­fris­tig zu­sätz­li­che fi­nan­zi­el­le Mit­tel ver­füg­bar sind,
  2. Zah­lungs­ver­zug nicht un­mit­tel­bar mit zu­sätz­li­chen Kos­ten ein­her­geht.

Bei glo­ba­len oder re­gio­na­len Kri­sen stellt der Staat häu­fig zu­sätz­li­ches Ka­pi­tal zur Ver­fü­gung, bei in­di­vi­du­el­len Kri­sen blei­ben diese Hil­fen meist aus

Im Rah­men des Maß­nah­men­pa­kets zur Ab­mil­de­rung der Co­vid-19 Fol­gen hat die Bun­des­re­gie­rung ent­spre­chend bei­spiels­wei­se Über­brü­ckungs­hil­fen für Un­ter­neh­men, So­lo­selbst­stän­di­ge und Frei­be­ruf­ler:innen ins Leben ge­ru­fen, die in der Mehr­heit Um­satz­ein­brü­che von min­des­tens 30 Pro­zent zu ver­zeich­nen hat­ten. Mit den Über­brü­ckungs­hil­fen wer­den be­trieb­li­che Fix­kos­ten be­zu­schusst und mit der so­ge­nann­ten „Re­start-Prä­mie“ Ge­richts­kos­ten für die Re­struk­tu­rie­rung von Un­ter­neh­men er­stat­tet und Zu­schüs­se für kurz­fris­ti­ge Per­so­nal­kos­ten ge­leis­tet. Ähn­li­che Hilfe stell­te die Bun­des­re­gie­rung auch für den Wie­der­auf­bau in den Hoch­was­ser­ge­bie­ten be­reit. Für Schä­den an ihrem Haus­rat sol­len Be­trof­fe­ne eine Pau­scha­le be­an­tra­gen kön­nen.

Wie sieht die Si­tua­ti­on nun aber aus, wenn der Ge­setz­ge­ber keine zu­sätz­li­chen Mit­tel zur Ver­fü­gung stellt, da es sich bei dem Grund für den Li­qui­di­täts­eng­pass eher um eine in­di­vi­du­el­le Krise als um eine glo­ba­le oder re­gio­na­le Krise han­delt? Kurz­fris­ti­ge Fi­nanz­sprit­zen er­mög­li­chen sich Ver­brau­cher:innen in einem sol­chen Fall häu­fig über Dis­po­si­ti­ons­kre­di­te, denn die Ver­füg­bar­keit von kurz­fris­ti­gen Ver­brau­cher­kre­di­ten ist be­schränkt. Da die Kre­dit­ver­ga­be maß­geb­lich von der Bo­ni­tät der Kre­dit­neh­men­den ab­hängt, ist es ge­ra­de in Kri­sen­zei­ten un­wahr­schein­lich, einen Ver­brau­cher­kre­dit an­ge­bo­ten zu be­kom­men, der zu den Be­dürf­nis­sen passt und des­sen Kon­di­tio­nen nicht zu Kos­ten füh­ren, die den Mehr­wert der Kre­dit­auf­nah­me über­stei­gern. In­so­fern wird häu­fig auf den Dis­po­kre­dit zu­rück­ge­grif­fen, der bo­ni­täts­un­ab­hän­gig zur Ver­fü­gung ge­stellt wird, al­ler­dings häu­fig mit über­höh­ten Dis­po­si­ti­ons­zin­sen ver­bun­den ist. Diese über­höh­te Dis­po­zin­sen von durch­schnitt­lich 10 Pro­zent sind aber weder ver­hält­nis­mä­ßig noch ge­recht­fer­tigt und trei­ben die Men­schen nicht sel­ten in eine Über­schul­dungs­spi­ra­le.[3] Al­ler­dings gibt es hier auch po­si­ti­ve Aus­nah­men. Ei­ni­ge (Fi­li­al-) Ban­ken haben ihre Dis­po­zin­sen auf etwa 5 Pro­zent ge­senkt und damit vor­ge­macht, dass es sehr wohl mög­lich ist, auch mit nied­ri­ge­ren Zin­sen das Pro­dukt Dis­po­kre­dit wirt­schaft­lich an­zu­bie­ten. Die Mehr­heit hat hin­ge­gen wei­ter­hin zwei­stel­li­ge Dis­po­zin­sen. Die Dis­po­zin­sen müs­sen in einer Höhe be­ste­hen, die ei­ner­seits si­cher­ge­stellt, dass die Kre­dit­neh­mer:innen nicht durch über­höh­te Kos­ten über­for­dert wer­den und an­de­rer­seits ge­währ­leis­ten, dass auch Men­schen mit klei­nem und un­re­gel­mä­ßi­gem Ein­kom­men wei­ter­hin Dis­po­kre­di­te er­hal­ten – in Kri­sen­zei­ten ist das wich­ti­ger denn je.

Kommt man kri­sen­be­dingt in Zah­lungs­ver­zug, be­deu­tet dies häu­fig zu­sätz­li­che Kos­ten für den/die Schul­dern:in; das Kre­dit­mo­ra­to­ri­um zeigt, wie es an­ders geht

Neben den zu­sätz­lich be­nö­tig­ten fi­nan­zi­el­len Mit­teln, ist auch der li­qui­di­täts­ori­en­tier­te Um­gang bei Zah­lungs­ver­zug wich­tig, damit Men­schen, die von un­ge­plan­ten Ein­kom­mens­aus­fäl­len und zu­sätz­li­chen Aus­ga­ben be­trof­fen sind, nicht in die Über­schul­dungs­spi­ra­le ge­lan­gen. Bei der Co­vid-19 Krise ist der Ge­setz­ge­ber damit vor allem mit dem Kre­dit­mo­ra­to­ri­um um­ge­gan­gen, wel­ches Kre­dit­neh­mer:innen die Mög­lich­keit ge­ge­ben hat, Kre­dit­ra­ten zu sen­ken bzw. zu stun­den und dies in Kom­bi­na­ti­on mit einem er­wei­ter­ter Kün­di­gungs­schutz.

Au­ßer­halb re­gio­na­ler oder glo­ba­ler Kri­sen gibt es von ge­setz­ge­be­ri­scher Seite kaum einen Um­gang mit Zah­lungs­aus­fäl­len bei un­ver­schul­de­ten Kri­sen. Hier liegt das Ri­si­ko al­lein bei den Ver­brau­cher:innen. Kön­nen mo­nat­li­che Mie­ten oder Raten nicht be­gli­chen wer­den, wer­den Ver­brau­cher:innen mit teils im­men­sen Sank­tio­nen be­legt. So fal­len zu­sätz­li­che Mahn- bzw. In­kas­so­kos­ten an und man er­hält zudem einen ne­ga­ti­ven Ein­trag bei der SCHU­FA. All dies führt dazu, dass man leicht in eine Über­schul­dungs­si­tua­ti­on rutscht, aus der man nur schwer wie­der her­aus­fin­det. Durch die schlech­te­re fi­nan­zi­el­le Si­tua­ti­on und den SCHU­FA Ne­ga­tiv­ein­trag wird bei­spiels­wei­se der Zu­gang zu Pro­duk­ten im Be­reich der Fi­nanz­dienst­leis­tun­gen er­schwert. Dies wie­der­um ver­hin­dert die In­ves­ti­ti­on in die ei­ge­ne Le­bens­si­tua­ti­on.

Mög­lich­kei­ten zur Kre­dit­stun­dung in der Pan­de­mie: Mei­len­stein in der Schuld­dis­kus­si­on

Po­si­tiv zu be­mer­ken ist aber: Der Um­gang des Ge­setz­ge­bers hat mit der Co­vid-19 Pan­de­mie die Dis­kus­si­on über Grün­de und Schuld von Über­schul­dungs­si­tua­ti­on in die Öf­fent­lich­keit ge­bracht und an­de­re Lö­sungs­an­sät­ze auf­ge­zeigt. Mit der Mög­lich­keit zur Stun­dung von Ver­brau­cher­kre­di­ten wurde erst­mals die al­lei­ni­ge Ver­ant­wor­tung für Zah­lungs­schwie­rig­kei­ten nicht mehr nur bei den Ver­brau­cher:innen ge­se­hen.

Das gilt es nun in die Schuld­dis­kus­si­on bei re­gio­na­len oder glo­ba­len Kri­sen auf in­di­vi­du­el­le Kri­sen zu über­tra­gen. Denn für die ein­zel­ne Ver­brau­cher:innen macht es kei­nen Un­ter­schied, ob sie ihren Ar­beits­platz wegen den pan­de­mie­be­ding­ten Be­schrän­kungs­maß­nah­men ver­lo­ren hat oder weil die Auf­trags­la­ge ihres Ar­beits­ge­bers sich ver­schlech­tert hat. In bei­den Fäl­len tra­gen sie nicht die Schuld. So bleibt zu hof­fen, dass die Krise dazu ge­führt hat, dass auch künf­tig der Blick nicht mehr al­lein auf die/den Ver­brau­cher:in ge­legt wird son­dern Ver­ant­wor­tung brei­ter ge­dacht wird. 

Au­to­rin: Hanne Rog­ge­mann, iff Ham­burg