10 Irrtümer in Sachen Scheidung
Um Ehe und Scheidung kreisen viele Mythen, Halbwahrheiten und vage Vorstellungen. Wir nehmen zehn populäre Scheidungsirrtümer unter die Lupe. Von Katharina Maier
„Es hat immer jemand Schuld.“
Rechtlich spielt die Schuldfrage in Deutschland schon seit 1976 keine Rolle mehr. Vor Gericht wird nur entschieden, ob die Voraussetzungen für eine Scheidung gegeben sind. In der Regel genügen dafür das gesetzlich vorgeschriebene Trennungsjahr und die Zustimmung beider Ehepartner zum Scheidungsantrag. Dann geht das Gericht davon aus, dass die Ehe so zerrüttet ist, dass keine Chance auf Aussöhnung besteht. Außerdem werden vor Gericht z. B. Unterhalts- und Sorgerechtsangelegenheiten entschieden – aber nur auf Antrag!
„Eine Scheidung ist teuer. Wir können uns das gar nicht leisten.“
Die tatsächlichen Scheidungskosten sind von Fall zu Fall verschieden. Zum Großteil bestehen sie aus Anwalts- und Gerichtsgebühren. Beides hängt vom sogenannten „Gegenstandswert des Verfahrens“ ab: der Summe des Nettoeinkommens beider Eheleute. Weiterer „Streitwert“ wie Unterhaltszahlungen oder gemeinsames Vermögen kann hinzukommen, aber grundsätzlich bedeutet das: Wer nicht viel verdient, hat auch keine so hohen Scheidungskosten. Geringverdiener oder Arbeitslose können Prozesskostenhilfe beantragen. Anwalts- und Gerichtsgebühren werden in solchen Fällen vom Staat übernommen. Allerdings muss das Geld zurückgezahlt werden, wenn sich die Einkommensverhältnisse entsprechend verbessern. Der Bewilligungsantrag ist beim zuständigen Familiengericht erhältlich.
„Wir brauchen doch keinen Anwalt. Das kostet nur Geld und wir wissen, was wir wollen.“
In Deutschland besteht Anwaltszwang. Nur Anwälte dürfen vor Gericht Anträge auf Scheidung, Unterhalt und Sorgerecht stellen. Ganz ohne Anwalt kommt also niemand davon.
Spartipp „gemeinsamer Anwalt“: Sind sich beide völlig einig, besteht die Möglichkeit, dass sich nur einer der Ehepartner einen Anwalt nimmt. Dieser beantragt die Scheidung. Der zweite Ehepartner muss dem Antrag dann nur noch zustimmen und man kann sich die Kosten für den Anwalt teilen.
Vorsicht! Ein Anwalt kann nicht beide Parteien vertreten. Tauchen im Laufe des Scheidungsverfahrens Streitpunkte auf oder will der zweite Partner einen eigenen Antrag stellen (z. B. auf Unterhalt), dann braucht er/sie unbedingt einen eigenen Anwalt. Dieser Spartrick funktioniert also nur, wenn die Scheidung absolut einvernehmlich ist!
„Wenn wir uns trennen, bekomme ich automatisch Unterhalt von meinem Mann/meiner Frau.“
Es ist richtig, dass die Noch-Ehepartner während der Trennungszeit zum gegenseitigen Unterhalt verpflichtet sind. Das heißt also, dass derjenige, der weniger oder gar nichts verdient, grundsätzlich einen Anspruch gegenüber dem Partner mit dem höheren Einkommen hat.
Aber: Trennungsunterhalt erhält man nicht automatisch. Er muss schriftlich eingefordert werden und kann auch nicht rückwirkend geltend gemacht werden. Partnerunterhalt bekommt man außerdem nur, wenn man seinen Bedarf nicht selbst decken kann. Verdienen also beide Ehepartner ungefähr gleich viel und haben keine Kinder, ist es unwahrscheinlich, dass Unterhaltsansprüche geltend gemacht werden können.
„Ich kann mir keine eigene Wohnung leisten, also kann ich mich nicht vom Partner trennen.“
Ein Jahr Trennung ist in Deutschland die Voraussetzung dafür, dass eine Ehe überhaupt geschieden werden kann. In unterschiedlichen Wohnungen müssen die Noch-Eheleute in dieser Zeit aber nicht leben. Die Alternative nennt man Trennung von Tisch und Bett. Das heißt: Das Ehepaar lebt weiter unter einem Dach, aber jeder hat seinen eigenen Schlafplatz, eigene Schränke, Sitzmöbel usw. Für Räume wie Badezimmer und Küche werden individuelle Nutzungszeiten festgelegt. Außerdem müssen die Eheleute deutlich getrennt leben – gemeinsame Aktivitäten sind da genauso wenig drin wie eine gemeinsame Haushaltskasse. Und auch „Gefälligkeiten“ wie etwa Waschen, Kochen oder Einkaufen dürfen die Ehepartner nicht mehr füreinander übernehmen.
„Ich habe vor der Scheidung nicht gearbeitet, also muss ich es auch danach nicht, sondern bekomme Unterhalt vom Ex.“
Mit einer Scheidung wird die Wirtschaftsgemeinschaft der Ehe aufgelöst. Das heißt, jeder ist wieder für sich selbst verantwortlich. Ein geschiedener Ehepartner hat dann Anspruch auf Unterhalt, wenn er keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann, weil er die gemeinsamen Kinder betreut. Es hängt allerdings vom Alter der Kinder ab, ob zumindest eine Teilzeitbeschäftigung nicht doch als zumutbar eingestuft wird. Eine eindeutige Regelung gibt es in dieser Hinsicht aber nicht. Hat ein Paar keine Kinder, ist der erwerbstätige Partner solange unterhaltspflichtig, bis der andere eine „angemessene Arbeitsstelle“ gefunden hat. Hat also z. B. die Frau ihre Berufsausbildung nach der Hochzeit abgebrochen und nie gearbeitet, muss ihr Ex-Mann Unterhalt zahlen, während sie ihre Ausbildung nachholt oder eine neue absolviert. Grundsätzlich ist der „Unterhaltsempfänger“ verpflichtet, sich aktiv um Arbeit zu bemühen.
„Wenn ich Unterhalt für meine Ex und meine Kinder zahlen muss, bleibt für mich nichts übrig.“
Dem Unterhaltspflichtigen (demjenigen mit dem höheren Einkommen, bei dem die gemeinsamen Kinder nicht leben), steht ein sogenannter Selbstbehalt zu, um den eigenen Lebensbedarf zu decken. Die Unterhaltszahlungen an Kinder und Ex-Partner dürfen diese bestimmte Summe des Nettogehalts nicht überschreiten. Deswegen gibt es eine „Unterhaltshierarchie“, in der Kinder an oberster Stelle stehen. Es kann also z. B. sein, dass die Mutter keinen Unterhalt erhält, weil das Einkommen ihres Ex-Mannes nur die Ansprüche ihrer Kinder abdeckt. Reicht das Einkommen nicht aus, muss sich der Unterhaltspflichtige um eine besser bezahlte Arbeit bemühen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann es passieren, dass er trotzdem höhere Unterhaltszahlungen leisten muss, ganz ohne Rücksicht auf seinen Eigenbedarf.
„Nach der Scheidung bekommt immer die Mutter das Sorgerecht.“
Ein verheiratetes Paar hat immer das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder. Daran ändert die Scheidung gar nichts. Alleiniges Sorgerecht kann nur gerichtlich beantragt werden. Problematisch wird die praktische Umsetzung des gemeinsamen Sorgerechts: Bei wem wohnen die Kinder? Wie oft sehen sie den zweiten Elternteil? Wie werden wichtige Entscheidungen in Zukunft getroffen? Bei Streitigkeiten entscheidet im ärgsten Fall das Familiengericht. Besser für alle Beteiligten ist es, sich zusammenzusetzen. Eltern und auch Kinder haben Anspruch auf kostenlose Beratung, in der Regel durch das Jugendamt. Im Zweifelsfall geht vor Gericht übrigens immer „Kindeswille und Kindeswohl“ über die Wünsche der Eltern!
„Mein Ehepartner hat viele Schulden. Da werde ich bei einer Scheidung zur Kasse gebeten.“
Jeder Partner haftet selbst für die Schulden, die er gemacht hat. Das ist auch während der Ehe so. Zahlt also z. B. der Mann immer noch den Kredit für das Auto ab, das er mit in die Ehe gebracht hat, kann seine Frau weder vor noch nach der Scheidung dafür haftbar gemacht werden. Genauso muss er nicht für die Kleidung aufkommen, die sie während der Ehe „auf Pump“ gekauft hat. Anders liegt die Sachlage, wenn ein gemeinsames Darlehen aufgenommen wurde, wenn z. B. beide Eheleute für den Hauskredit unterschrieben haben. Solche Verpflichtungen bleiben durch eine Scheidung völlig unberührt. Dann müssen unbedingt individuelle Regelungen getroffen werden! Auch um „kleine“ Dinge wie einen Telefonanschluss, der auf beide Namen läuft, muss man sich kümmern.
„Meine Ex-Frau muss meinen Nachnamen ablegen.“
Keiner der Partner kann gezwungen werden, den gemeinsamen Familiennamen abzulegen. Nach neuen Regelungen kann der alte Ehename sogar zum Familiennamen in einer neuen Ehe werden. Das heißt: Mein neuer Ehemann kann den Nachnamen meines Ex-Mannes tragen, solange ich nach der Scheidung nicht wieder meinen Mädchennamen angenommen hatte! Die Gebühr für die Wiederannahme des Geburtsnachnamens beträgt übrigens um die 40 €.
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