Armut in der Ausbildung
In einem vorherigen Blogbeitrag haben wir das wichtige Thema der Armutsgefährdung bei Studierenden beleuchtet und Ursachen, Auswirkungen und Lösungsansätze analysiert. Heute möchten wir einen Blick auf ein verwandtes Thema werfen, das ebenso dringend Beachtung verdient: Die Armutsgefährdung bei Auszubildenden. Hier gibt es bemerkenswerte Parallelen hinsichtlich finanzieller Herausforderungen und sozialer Belastungen.
Die Armutsgefährdung bei Auszubildenden ist keine homogene Angelegenheit, sondern variiert je nach individueller Lebenssituation. Während einige Auszubildende finanzielle Unterstützung von ihren Eltern erhalten, sind andere ganz auf sich alleine gestellt. Familiäre Verpflichtungen, persönliche Umstände und regionale Unterschiede spielen eine entscheidende Rolle bei der finanziellen Situation der Auszubildenden.
Manche Auszubildende müssen in Großstädten hohe Mieten stemmen, während andere in strukturschwachen Regionen mit begrenzten Arbeitsmöglichkeiten konfrontiert sind. Alleinerziehende Auszubildende stehen oft vor besonderen Herausforderungen, da sie nicht nur ihre Ausbildung finanzieren müssen, sondern auch die Verantwortung für ihre Kinder tragen. Gesundheitliche oder familiäre Probleme verschärfen die finanzielle Belastung weiter.
Eine der Hauptursachen für die Armutsgefährdung bei Auszubildenden ist die vergleichsweise geringe Ausbildungsvergütung, die oft nur knapp über dem Mindestlohn liegt. Nach einer Auswertung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) lagen die Ausbildungsvergütungen über alle Ausbildungsjahre in tarifgebundenen Betrieben zwar erstmals über 1.000 Euro, aber es gab große Unterschiede hinsichtlich der Ausbildungsberufe und der Standorte. So lagen in den Bereichen Handwerk, Land- und Hauswirtschaft sowie freie Berufe die Vergütungen vor allem in den ersten beiden Ausbildungsjahren deutlich unter 1.000 Euro. Trotz der Steigerung der Vergütung um 4,2 Prozent mussten die Auszubildenden wegen der hohen Inflation Reallohnverluste hinnehmen. Geringe Gehälter erschweren die Deckung der Kosten für Miete, Lebensunterhalt, Mobilität und Bildungsmaterialien.
Armutsgefährdung hat erhebliche Auswirkungen auf das Leben der betroffenen Auszubildenden. Ein knappes Budget erfordert Einschränkungen im Alltag, z.B. den Verzicht auf gesunde Ernährung, Freizeitaktivitäten und soziale Teilhabe, was zu einem Gefühl der sozialen Isolation führen kann. Darüber hinaus erhöht die finanzielle Belastung während der Ausbildung häufig den Stress und die Sorgen, was sich negativ auf die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Auszubildenden auswirken kann. Finanzielle Probleme können so die Lernmotivation beeinträchtigen und das Ausbildungsziel gefährden.
Armutsgefährdete Auszubildende rutschen leider häufig in die Überschuldung. Eine geringe Ausbildungsvergütung und hohe Lebenshaltungskosten können dazu führen, dass Azubis Schwierigkeiten haben, ihre finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen.
Trotz dieser vielfältigen Herausforderungen gibt es in Deutschland eine Reihe von Unterstützungsmöglichkeiten, die Auszubildenden in finanzieller Notlage helfen können:
- BAföG (Bundesausbildungsförderungsgesetz): Studierende sind nicht die einzigen, die Anspruch auf BAföG haben. Auch Auszubildende können unter bestimmten Voraussetzungen BAföG beantragen und so finanzielle Unterstützung für ihre Ausbildung erhalten.
- Berufsausbildungsbeihilfe (BAB): BAB ist eine finanzielle Unterstützung für Auszubildende, die ihre Ausbildungsvergütung und/oder Unterhaltskosten nicht aus eigener Kraft decken können.
- Wohngeld: Auszubildende, die eine eigene Wohnung haben oder in einer Wohngemeinschaft leben, können Wohngeld beantragen, um einen Teil ihrer Mietkosten abzudecken.
- Es gibt verschiedene Stipendienprogramme, die speziell für Auszubildende angeboten werden und finanzielle Unterstützung oder Bildungsförderung bieten.
- Sozialberatungsstellen: Viele Ausbildungsbetriebe, Bildungseinrichtungen und Studierendenwerke verfügen über Sozialberatungsstellen, die Auszubildenden mit finanziellen Fragen und Herausforderungen zur Seite stehen.
- Schuldenberatung: Falls Auszubildende bereits mit Schulden belastet sind, gibt es Schuldenberatungsstellen, die dabei unterstützen können, einen Rückzahlungsplan zu entwickeln und den Umgang mit Schulden zu bewältigen.
- Förderprogramme der Bundesländer: Einige Bundesländer bieten zusätzliche Förderprogramme für Auszubildende an, um ihre finanzielle Situation zu verbessern.
Mit einer breiten Palette an Unterstützungsmöglichkeiten erhalten auch Azubis aus finanziell benachteiligten Verhältnissen eine faire Möglichkeit, ihre Ausbildung erfolgreich abzuschließen und eine vielversprechende berufliche Zukunft zu gestalten. Ausbildungsunternehmen und Bildungseinrichtungen sollten ihre Auszubildenden aktiv über die finanziellen Möglichkeiten informieren. Workshops und Schulungen zu Themen wie Budgetplanung, Sparen und Umgang mit Schulden können dazu beitragen, dass Auszubildende ihre Finanzen besser im Griff haben und langfristige Schuldenfallen vermeiden. Generell ist es wichtig, das Thema Armutsgefährdung auch bei Auszubildenden ins öffentliche Bewusstsein zu rufen.
Weiterführende Links:
- Überblick finanzielle Hilfen
- Stipendienlotse
- Horizont Stiftung: Die Stiftung fördert vor allem Ausbildungs- und Nachwuchskräfte im Bereich Medien, Marketing und Kommunikation. Mit der finanziellen Hilfe kannst du Praktika im Ausland oder Weiterbildungskurse finanzieren. Die Bewerbung ist aufwendig und du solltest dich frühzeitig dafür bewerben. Der Bewerbungsschluss ist meist im Januar. Voraussetzung: Du darfst nicht älter als 30 Jahre alt sein.
- Stipendium für Pflege-Studierende in Bayern: 600 Euro pro Monat für bis zu drei Jahre. Studierende können das Stipendium beim Bayerischen Landesamt für Pflege (LfP) beantragen. Die entsprechenden Formulare werden rechtzeitig auf der Homepage des LfP zur Verfügung gestellt.
- AusbildungWeltweit ist ein Förderprogramm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur finanziellen Unterstützung weltweiter und praxisorientierter Auslandsaufenthalte während der Berufsausbildung. Zudem gibt es Förderprogramme wie das Hermann-Strenger-Stipendium, die Leonardo da Vinci Mobilität, das DFJW-Stipendium und Erasmus +
- Das Contorion Azubi Stipendium für Auszubildende im Handwerk