Von Verdrängung bis Scham: Warum Menschen mit Schulden oft keine Hilfe suchen
Schulden – ein Wort, das bei vielen Menschen ein Unbehagen auslöst. Und das nicht ohne Grund: Schulden stellen für die meisten Betroffenen oft eine immense Belastung dar. Doch trotzdem zögern viele Menschen, sich Hilfe zu holen. Warum ist das so? Was hindert Menschen daran, Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um ihre finanzielle Situation zu verbessern? In diesem Beitrag beleuchten wir die häufigsten Gründe, warum Menschen mit Schulden oft keine Hilfe suchen und welche psychologischen und gesellschaftlichen Faktoren dabei eine Rolle spielen. Auch zeigen wir Möglichkeiten, wie man diese Hindernisse überwinden kann.
Gründe, warum Schuldner:innen sich keine Hilfe holen:
- Verdrängung: Ein häufiger Grund, warum Schuldner:innen keine Hilfe suchen, ist die Verdrängung ihrer Probleme. Viele hoffen, dass sich die Situation von selbst verbessert, und vermeiden es, sich aktiv mit ihren Schulden auseinanderzusetzen. Kurzfristig kann dieser Abwehrmechanismus Erleichterung verschaffen, doch langfristig verschlimmert er das Problem. Solange Schulden ignoriert werden, wachsen sie weiter und die finanzielle Belastung nimmt zu.
2. Selbstüberschätzung: Einige Betroffene glauben, ihre finanzielle Situation selbst in den Griff zu bekommen, und unterschätzen dabei die Komplexität ihrer Lage. Besonders bei kleineren Schuldenbeträgen neigen sie dazu, die Rückzahlung auf später zu verschieben, in der Annahme, dass sie die Kontrolle behalten. Doch unvorhergesehene Ereignisse wie Krankheit oder Arbeitslosigkeit können die Schulden rasch anwachsen lassen. Ohne rechtzeitige Hilfe kann das Problem dann leicht außer Kontrolle geraten.
3. Scham und Stigmatisierung: Schulden sind oft mit Scham und der Angst vor gesellschaftlicher Stigmatisierung verbunden. Viele Betroffene schämen sich für ihre finanzielle Situation und fürchten von anderen verurteilt zu werden. Diese Scham ist oft so stark, dass sie es vorziehen, still zu leiden, anstatt sich Unterstützung zu suchen. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass Schulden kein persönliches Versagen sind, sondern eine Herausforderung, die viele Menschen betrifft.
4. Fehlendes Vertrauen: Ein weiterer Grund, warum Betroffene sich keine Hilfe suchen, ist das fehlende Vertrauen in Beratungsstellen. Manche glauben, dass ihnen dort nicht wirklich geholfen werden kann, oder sie haben Angst, dass ihre Probleme dort nicht ernst genommen werden. Diese Skepsis hält sie davon ab, sich Unterstützung zu holen, selbst wenn diese dringend notwendig wäre.
5. Angst vor Konsequenzen: Die Angst, dass sich die Situation durch die Offenlegung der Schulden noch verschlimmern könnte, hält viele Schuldner:innen davon ab, Hilfe zu suchen. Sie fürchten, dass durch die Beratung zusätzliche Kosten entstehen könnten oder dass Gläubiger:innen schneller Druck ausüben könnten. Diese Angst ist jedoch oft unbegründet, da eine professionelle Schuldnerberatung darauf abzielt, die Situation zu stabilisieren und langfristige Lösungen zu finden.
6. Unwissenheit: Viele Betroffene wissen schlichtweg nicht, dass es kostenlose und vertrauliche Beratungsstellen gibt, die ihnen helfen können. Diese Unwissenheit führt dazu, dass sie in ihrer Notlage alleine bleiben, obwohl Unterstützung verfügbar ist.
Wege aus dem Teufelskreis
Um diesen Barrieren gegenzusteuern, sind mehrere Schritte notwendig. Entstigmatisierung ist der erste und wichtigste Schritt. Durch Aufklärung und den offenen Dialog über Schulden kann das Thema enttabuisiert und die Scham verringert werden. Es ist wichtig, Menschen zu zeigen, dass sie nicht allein sind und dass es keine Schande ist, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Niedrigschwellige Angebote
Niedrigschwellige Angebote spielen eine wichtige Rolle dabei, die Hemmschwelle für Hilfesuchende zu senken. Beratungsstellen sollten sowohl vor Ort als auch online leicht erreichbar sein, um möglichst vielen Menschen den Zugang zu ermöglichen. Ein Beispiel dafür ist das kostenfreie und anonyme Beratungsangebot der Stiftung Deutschland im Plus. Hier stehen professionelle Schuldnerberater:innen bereit, um Ratsuchenden schnell und ohne Wartezeiten Unterstützung zu bieten.
Beratungshotline: 0800/5035851 (Montag bis Freitag 10 – 13 Uhr / Dienstag und Donnerstag 15 – 18 Uhr)
Hier geht’s zur Online-Beratung in Kooperation mit der Schuldnerhilfe Köln.
Wissensvermittlung
Wissen zu vermitteln ist außerdem entscheidend, um den Kreislauf der Verdrängung und Unwissenheit zu durchbrechen. Zum einen sollte klargemacht werden, wie schnell Schulden entstehen können und zum anderen, wie man diesen vorbeugen kann bzw. neue Schulden vermeidet.
Schlussendlich ist es wichtig, mehr über den Ablauf einer Schuldnerberatung zu informieren. Viele Menschen scheuen sich vor dem Unbekannten. Wenn klar wird, dass Schuldnerberatungen darauf abzielen, gemeinsam Lösungen zu finden ohne zu verurteilen, kann das Vertrauen in diese Angebote gestärkt werden.
Durch diese Maßnahmen können noch mehr Menschen dazu ermutigt werden, ihre finanziellen Probleme offen anzugehen und die Unterstützung zu nutzen, die ihnen zusteht.
Autorin: Pauline Rösch