Warum sind Alleinerziehende häufiger überschuldet?  

Alleinerziehende sind in Deutschland besonders häufig von Überschuldung betroffen. Die finanziell oft prekäre Lage von Alleinerziehenden ist gut dokumentiert. Alleinerziehende und ihre Kinder sind überdurchschnittlich häufig von Armut bedroht, weil ihr Einkommen oftmals unter der Armutsgrenze liegt. Laut dem Armutsbericht des Paritätischen sind Alleinerziehende mit 42,3 Prozent die am stärksten von Armut betroffene Gruppe im Vergleich zu anderen armutsgefährdeten Haushalten.[1]

Hohe finanzielle und mentale Belastung im Alltag

Im Vergleich zu anderen Haushaltstypen stehen Alleinerziehende vor höheren Lebenshaltungskosten. Zudem leben Alleinerziehenden-Haushalte häufig über längere Zeiträume in Armut.[2] Dadurch tragen sie ein erheblich erhöhtes strukturelles Armutsrisiko, das oft mit Ver- oder gar Überschuldung verbunden ist. Verschuldung stellt nicht per se ein Problem dar, die Schulden können zurückgezahlt werden. Im Falle eine Überschuldung reichen die vorhandenen finanziellen Mittel hierzu nicht.

Die Überschuldung hat für Alleinerziehende nicht nur finanzielle Konsequenzen, sondern kann auch psychische Belastungen mit sich bringen, wie etwa Stress, Angst und Depressionen.

Warum sind Alleinerziehende besonders gefährdet sich zu überschulden?

  1. Einkommenssituation: Alleinerziehende haben in der Regel nur ein Einkommen, müssen aber die Ausgaben für sich und ihre Kinder allein tragen. Das Einkommen ist oft niedriger, da viele Alleinerziehende in Teilzeit arbeiten oder in schlecht bezahlten Jobs beschäftigt sind, um Zeit für die Kinderbetreuung zu haben.
  2. Kinderbetreuung: Die Kosten für die Kinderbetreuung können hoch sein, und nicht immer stehen ausreichend öffentliche Betreuungsangebote zur Verfügung. Dies zwingt einige Alleinerziehende, private Betreuungsmöglichkeiten zu nutzen, die teurer sind.
  3. Unterhaltszahlungen: Nicht immer kommen getrenntlebende Partner ihren Unterhaltsverpflichtungen nach, was die finanzielle Belastung der alleinerziehenden Elternteile weiter erhöht. Oftmals müssen Alleinerziehende rechtlich gegen den anderen Elternteil vorgehen, um Unterhaltszahlungen einzufordern, was zusätzliche Kosten verursacht.
  4. Staatliche Unterstützung: Obwohl es staatliche Unterstützung wie das Kindergeld und den Unterhaltsvorschuss gibt, reichen diese Leistungen oft nicht aus, um den Lebensunterhalt der Familie zu decken. Zusätzlich erschweren bürokratische Hürden oder Unsicherheiten bei der Beantragung und Bewilligung der Leistungen die Situation.
  5. Fehlende Rücklagen: Viele Alleinerziehende haben keine finanziellen Rücklagen. Unvorhergesehene Ausgaben, wie zum Beispiel für kaputte Haushaltsgeräte oder medizinische Notfälle, können schnell zu finanziellen Engpässen führen.
  6. Wohnen: Die Kosten für Wohnraum sind in vielen Regionen hoch, und es ist oft schwierig, bezahlbare Wohnungen zu finden, die den Bedürfnissen von Alleinerziehenden gerecht werden.

Wann tritt dieses Problem verschärft auf?

Es gibt verschiedene Ursachen für die Überschuldung von Alleinerziehenden, die je nach Einzelfall in verschiedenen Kombinationen auftreten können:

  • Ein Zusammenspiel aus Armut, unsicherem Einkommen und (unerwarteten) Ausgaben, die aufgrund eines wenig flexiblen Budgets zu Verschuldung und einer Schuldenspirale führen können.
  • Finanzielle Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Trennungen, wie etwa die Notwendigkeit, einen neuen Haushalt zu gründen oder aber auch unregelmäßige/ausbleibende Unterhaltszahlungen.
  • Schuldenprobleme, die aus ökonomischer Ausbeutung während einer Beziehung resultieren, wie etwa von Partnern übernommene finanzielle Verpflichtungen, die nach der Trennung bestehen bleiben.
  • Kritische Lebensereignisse wie Arbeitsverlust oder Krankheit, die auf eine finanziell nicht resiliente Situation treffen.[3]

Was braucht es?

Es gibt verschiedene Ansatzpunkte, um Alleinerziehende besser zu unterstützen. Das betrifft zum Beispiel die Förderung der Finanzkompetenz, die Verbesserung der Zugänge zu Sozialleistungen, eine Armuts- und Schuldensensibilität in Angeboten für Alleinerziehende sowie auch eine niedrigschwellige Schuldnerberatung.

Es ist wichtig, dass es mehr Unterstützung und gezielte Hilfsangebote gibt, um Alleinerziehenden aus der Schuldenspirale zu helfen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Maßnahmen könnten z. B. bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten, flexiblere Arbeitszeitmodelle und gezielte finanzielle Unterstützung sein.

Um den Zugang zu Schuldnerberatung zu verbessern, sollte intensiver über dieses Angebot informiert werden, einschließlich seiner Arbeitsweise und Erreichbarkeit. Das Wissen darüber ist noch nicht ausreichend verbreitet, sodass Menschen, die von finanzieller Not betroffen sind, oft nicht wissen, wie sie rechtzeitig Hilfe finden können. Insbesondere bei Alleinerziehenden fehlt es an Zeit, entsprechende Informationen einzuholen.

Der Zugang zur Schuldnerberatung wird für Alleinerziehende daher erleichtert, wenn entsprechende Angebote lokal und im Gemeinwesen, wie in einem Familienbüro, Familienzentrum oder durch den Allgemeinen Sozialen Dienst, vernetzt bereitgestellt werden.

Ein schneller Zugang zu Schuldnerberatung, die speziell auf die Bedürfnisse von Alleinerziehenden ausgerichtet ist, erfordert eine gezielte inhaltliche Ausrichtung und entsprechende Unterstützung. Wenn der präventive und soziale Anteil der Beratungsangebote sowie die Fortbildung der Fachkräfte nicht angemessen öffentlich finanziert werden, bleiben nicht nur Frauen, die auf Beratung angewiesen sind, auf ihrem Weg in die Schuldenfalle allein. Das kann gravierende Folgen haben. Sie erreichen womöglich viel zu spät die Schuldnerberatung, wenn nur noch langwierige und kostenintensive Maßnahmen zur Schuldenregulierung helfen können.

Neben der Verbesserung der Zusammenarbeit ist eine Vernetzung verschiedener Beratungsstellen und ihrer Fachkräfte wichtig, damit diese Alleinerziehende schneller an die passende Stelle vermitteln können.

Um die Vorteile der Vernetzung voll auszuschöpfen, sowie um einen leicht zugänglichen, kurzfristigen und inhaltlich passenden Zugang zur Schuldnerberatung – sei es vor Ort oder digital – sicherzustellen, sind Zeit und Ressourcen erforderlich. Es mangelt nicht an praktischen Vorschlägen. Notwendig ist jedoch ein bedarfsgerechtes, kostenloses Angebot für alle Betroffenen, wobei Alleinerziehende überproportional betroffen sind. Fachverbände empfehlen schon lange, einen gesetzlichen Anspruch auf kostenlose Schuldner- und Insolvenzberatung einzuführen.[4]


Autorin: Dr. Sally Peters, institut für finanzdienstleistungen e.V. (iff)

[1] Vgl. Der Paritätische Gesamtverband 2022, S. 11.

[2] Vgl. Zartler/Gerghammer 2023, S. 555.

[3] Vgl. Richardson und Butler 2021, 20f.

[4] Siehe zum Beispiel das Bündnis Finanzwende/BAG Schuldnerberatung/ iff: https://www.iff-hamburg.de/2022/12/19/iff-fordert-gemeinsam-mit-finanzwende-und-bag-schuldnerberatung-ein-recht-auf-schuldnerberatung-fuer-alle/ oder die AG SBV https://www.agsbv.de/2022/12/buendnis-fordert-recht-auf-kostenlose-schuldnerberatung-fuer-alle/