Die Gründe für Altersarmut von Frauen sind vielfältig. Der Blogartikel benennt Ursachen und zeigt Möglichkeiten auf, bereits heute aktiv vorzusorgen. Dabei werden strukturelle Herausforderungen sowie entsprechende Gegenmaßnahmen aufgezeigt.
Warum sind wir als Frauen von Altersarmut bedroht und was können wir tun? Mittlerweile ist zwar vielen das grundsätzliche Problem bewusst, aber aller Anfang ist schwer. Denn: Was tue ich überhaupt zuerst?
Was heißt Altersarmut? Armut ist vor allem weiblich!
Es gibt viele Gründe für Altersarmut. Altersarmut ist persönlich, gesellschaftlich und politisch bedingt. Wenn man jung ist, ist das Thema Altersarmut noch weit weg. Auch wenn das Thema im Moment viel diskutiert wird, beschäftigen sich nur wenige Leute wirklich konkret damit.
Grundsätzlich kann Altersarmut jede und jeden treffen. Es gibt aber Gruppen, die besonders gefährdet sind. Bei den über 65-Jährigen galten im Jahr 2017 20,1 Prozent der Frauen als armutsgefährdet, bei den Männern waren es nur 14,9 Prozent. Statistiken zeigen, dass Frauen daher auch öfter als Männer Grundsicherung beziehen müssen, also ergänzende staatliche Leistungen, weil die Rente nicht reicht. Zahlen für 2016 sagen zum Beispiel: 59 Prozent der Frauen, aber nur 41 Prozent der Männer mussten ergänzende Unterstützung beantragen. Die gesetzliche Rente orientiert sich daran, wie viel und wie lange man Beiträge eingezahlt hat. Laut der Deutschen Rentenversicherung lag die durchschnittliche, gesetzliche Rente einer Frau 2018 bei 991 Euro im Monat, die Männer hingegen kamen auf 1.362 Euro.[1]
Gründe für Altersarmut
Arbeitsmarktsituation
Wie kommt es also zu den eben genannten Unterschieden? Dass Frauen in Altersarmut landen ist zum Teil strukturell bedingt und hängt beispielsweise mit der Arbeitsmarktsituation zusammen.
Eine Erwerbstätigkeit sichert Ansprüche in der Altersvorsorge und ist damit am wirksamsten gegen Altersarmut. Mittlerweile ist die Erwerbstätigkeitsquote der Frauen zwar gestiegen, aber es gibt noch immer Unterschiede. Die Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit über die letzten Jahre beruht übrigens nur auf einer Erhöhung der Teilzeitbeschäftigung. Die Vollzeitquote ist gleich geblieben.
Noch immer nehmen häufiger Frauen eine längere Auszeit, wenn ein Kind kommt. Sie bekommen zwar immerhin für Erziehungszeiten Rentenpunkte, aber nur in Höhe des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten, das sind derzeit knapp 39.000 Euro jährlich. Die Rentenversicherung geht übrigens von einer heterosexuellen Paarbeziehung aus, in der die Frau die Kindererziehung übernimmt. Wenn der Mann diese Aufgabe übernimmt, muss dies gemeldet werden, damit die Punkte übertragen werden.
Vor allem ältere Frauengenerationen konnten kaum Rentenansprüche erwerben. Gründe sind die geringe Berufstätigkeit aus familiären Gründen und die Angewiesenheit auf Ansprüche durch den Ehepartner. Auch heute noch steigen Frauen nach einer familiären Auszeit häufig nur in Teilzeit wieder ein.
Frauen sind außerdem noch immer viel zu häufig in prekären Beschäftigungsverhältnissen tätig oder arbeiten sogar in nicht sozialversicherungspflichtigen Jobs. Solche Minijobs sind eine klare Frauendomäne, denn sie werden zu zwei Drittel von Frauen ausgeübt. Minijobs haben zwar kurzfristig Vorteile, aber sie können problematisch in Hinblick auf die Altersvorsorge sein, wenn der Minijob der einzige Job ist und nicht nur als Zuverdienst neben dem Studium oder dem Hauptjob genutzt wird. Eigentlich waren Minijobs mal als Überbrückung nach der Elternzeit oder Arbeitslosigkeit gedacht, um wieder auf leichtem Wege in den Arbeitsmarkt zu findet. Das Problem hier: Man findet leicht rein, aber schwer wieder raus. Es werden in den meisten Fällen keine Rentenansprüche erworben. 20 Jahre Minijob bringen ca. 86 Euro Rente. Man kann zwar ca. 3 Prozent vom Lohn abführen, aber davon macht gerade mal jede fünfte Person Gebrauch. Ein Minijob bietet häufig nur wenig Chancen der Weiterqualifizierung, da es sich oftmals nur um einfache Tätigkeiten handelt. Entsprechend schwer kann der Übergang in eine andere Beschäftigung sein.
Care Arbeit
Gender Pay Gap
Allerdings ist nicht nur die Tätigkeit an sich relevant, entscheidend ist auch die Höhe des Einkommens. Laut einer Studie des BMFSFJ aus dem Jahr 2015 verdienen nur 10 Prozent der Frauen zwischen 30 und 50 mehr als 2.000 Euro netto. 10 Prozent. Bei den Männern sieht es da übrigens schon ganz anders aus. 42 Prozent der Männer verdienen mehr als 2.000 Euro.[3]
Die Gender Pay Gap (GPG) beschreibt die geschlechtsspezifische Lohnlücke, das heißt: den prozentualen Unterschied im durchschnittlichen Bruttostundenverdienst von Männern und Frauen. Das Statistischen Bundesamt hat ausgerechnet: Der durchschnittliche Bruttostundenlohn einer Frau betrug im Jahr 2019 17,72 Euro, während Männer auf 22,16 Euro kamen. Damit liegt die Lohnlücke in Deutschland bei 20 Prozent.[4]
Die OECD hat ebenfalls die Lohnlücke zwischen vollzeitbeschäftigen Frauen und Männern errechnet und kommt auf eine Lohnlücke von mehr als 13 Prozent. Je nach Datensatz ist die Lohnlücke unterschiedlich hoch. Bestehen tut sie aber in allen Berechnungswegen. Die bereinigte Lohnlücke rechnet zum Beispiel strukturelle Unterschiede wie Berufswahl, Beschäftigungsumfang, Bildungsstand und Berufserfahrung raus und liegt aktuell bei 6 Prozent.
Der Equal Pay Day markiert symbolisch diese geschlechtsspezifische Lohnlücke und entspricht einem entsprechendem Zeitraum im Kalenderjahr. Das Datum des nächsten Equal Pay Day ist der 14. März 2021. Bis zu diesem Tag würden Frauen umsonst arbeiten, während Männer seit Jahresbeginn bezahlt werden würden Fazit ist also: Frauen arbeiten häufig zu kurz und verdienen zu wenig. Laut Dachverband der Migrantinnen*organisationen (DaMigra e.V.) liegt die Lohnlücke zwischen herkunftsdeutschen Frauen und Migrantinnen dann nochmal bei 20 Prozent. Für diese Frauen ist die Lohnlücke also noch größer.[5]
Vorherrschende Geschlechterrollen
Jede Entscheidung wird auch von den politischen Rahmenbedingungen beeinflusst, zum Beispiel, wer von den Eltern wie lange Elternzeit nimmt oder wie die Care Arbeit in der Beziehung aufgeteilt wird. In der Regel nehmen in einer heterosexuellen Paarbeziehung Frauen die längere Auszeit, wenn ein Kind zur Welt kommt.
Doch auch private Entscheidungen werden oft von vorherrschenden Geschlechterrollen beeinflusst. Es wird zum Beispiel oft selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Mutter den längeren Teil der Elternzeit zu Hause bleibt. Gleichzeitig werden aber auch diese Entscheidungen oft auf Grund unterschiedlicher Gehälter getroffen. Häufig verdient der männliche Part mehr Geld, so dass unterm Strich mehr Haushaltseinkommen bleibt, wenn die Frau in Elternzeit geht. Die aktuellen Rahmenbedingungen forcieren aber auch noch allzu häufig ein traditionelles Geschlechter- und Rollenbild. Beispiele sind dafür sind zum Beispiel die eben bereits erwähnten Minijobs aber auch zum Beispiel das Ehegattensplitting oder das Unterhaltsrecht.
Ehegattensplitting
Unterhaltsrecht
Jede dritte Ehe wird geschieden. Zudem kann nicht nur eine Trennung eine Ehe beenden. Es kann auch durch einen Schicksalsschlag passieren. Mit der Reformation des Unterhaltsrechts im Jahr 2008 wurde der Unterhalt nach einer Scheidung stark begrenzt. Damit fiel auch die Möglichkeit eines grundsätzlichen lebenslangen Versorgungsunterhalts weg. Egal, wie lange die Ehe andauerte und ob es Kinder gibt oder nicht: Seitdem werden alle Ehen gleichbehandelt.
Probleme bereitet dies vor allem Menschen, die viele Jahre verheiratet waren und aus dem Beruf ausgestiegen sind. Meistens waren dies die Frauen. Nach den vielen Jahren fällt der erneute Berufseinstieg schwer, gleichzeitig müssen sie aber zwingend eine Erwerbstätigkeit finden, denn Unterhalt wird oft nur kurze Zeit gezahlt.
Autorin: Dr. Sally Peters, Geschäftsführende Direktorin des iff (Institut für Finanzdienstleistungen)